Vor 100 Jahren wurde in der Passauer Straße in Röhrnbach ein neuer Pfarrhof errichtet und damit auch der Sitz des Pfarrers nach Jahrhunderten von Oberndorf nach Röhrnbach verlegt. Der alte Pfarrhof in Oberndorf wurde verkauft. Die Pfarrei Röhrnbach ist urkundlich erstmals 1385 belegt, dürfte aber schon in der ersten Hälfte des 14. Jh. gegründet worden sein. Im 14. Jh. entstand in Röhrnbach eine auf St. Michael geweihte Pfarrkirche, von namentlich unbekannten örtlichem Adelsgeschlecht gestiftet und mit landwirtschaftlichen Gütern um Oberndorf, Röhrnbach und Kumreut ausgestattet. Als erster Pfarrer erscheint Ulrich der Preu (1386 – 1399). Er wird in einer Urkunde vom 21. März 1395 als Angrenzer und Zeuge in Oberndorf aufgeführt. Vor Gründung der Pfarrei gehörte das Gebiet um Röhrnbach zur Urpfarrei Hutthurm, die schon im 11. Jh. bestand. In der Folgezeit erfuhr die Pfarrei immer wieder Schenkungen und Stiftungen. Spätestens 1429 war es zunächst mit der Selbständigkeit der Pfarrei Röhrnbach vorbei, denn aus der Passauer Diözösanmatrikel dieses Jahres geht hervor, dass Röhrnbach und Hutthurm zur Großpfarrei Waldkirchen gehören. Erst 1632 wurde Röhrnbach wieder selbständige Pfarrei. Aus dem Zehentverzeichnis des Pfarrers Peter Auer von 1650 ist die Größe der Pfarrei unter Nennung der Randdörfer wie z.B. Niederpretz, Empertsreut, Falkenbach ersichtlich. Ab 1660 werden in der Pfarrei Tauf‑, Trauungs- und Sterbebücher geführt. Aus einer tabellarischen Beschreibung des Bistums Passau von 1828 werden alle zur Pfarrei Röhrnbach gehörenden Orte/Weiler (66), Häuser (358) und Seelen (3275) aufgeführt. Röhrnbach war folge dessen eine große, einträgliche Pfarrei. Der Pfarrer bewirtschaftete den Pfarrhof in Oberndorf (heutiger Schrögerhof) mit 113Tagwerk Äcker, Wiesen und Wald und war mehr Wirtschafter als Seelsorger. Der Pfarrherr hatte die zwei Hilfspriester (der erste nannte sich Ordinarius), die im Kaplanhaus neben der Kirche wohnten und die eigentliche Seelsorgearbeit leisteten, zu unterhalten sowie für den Erhalt der Liegenschaften (Pfarrhof, Kirche, Friedhof ect.) zu sorgen. Über Baufälle und Neubauten (1576, 1750) am Pfarrhof liegen diverse Berichte der jeweiligen Pfarrherren vor. Seit 1806 hat das Königreich Bayern das Patronat (Besetzungsrecht/Träger der Kirchenbaulast) über die Pfarreien übernommen, das vorher der Bischof/Domkapitel inne hatte. Pfarrer und Kapläne mussten jährlich ihr Einkommen (Fassion) an das Landgericht bzw. spätere Bezirksgericht (heute Landratsamt) berichten. Der Staat, also das Königreich Bayern, legte das Einkommen der Priester fest. Erreichten die Einnahmen aus Kirchendiensten, Stiftungen, Wirtschaft, Naturalsammlungen der Pfarrer und Kooperatoren diesen Betrag nicht, zahlte der Staat den Fehlbetrag aus. Mit dem bayerischen Konkordat von 1924 ging das Patronat wieder an den Bischof über. Im Jahre 1864 wurde die Orte Marchetsreut, Marktberg, Empertsreut, Göschlmühle, Pfefferlmühle und Scheibensitz nach Perlesreut ausgepfarrt. Dies nahm der damalige Pfarrer Joseph Scheibelberger zum Anlass, Antrag auf Verlegung des Pfarrhofes von Oberndorf nach Röhrnbach zu stellen. Der Antrag wurde aber vom Ordinariat abschlägig beschieden. In der Folgezeit erfolgten weiter Auspfarrungen nach Freyung sowie die Errichtung der Exposituren in Denkhof und Kumreut (1906), wodurch die Pfarrei Röhrnbach annähernd ein Drittel ihrer Seelen verlor. Nun war es Pfarrer Josef Rauscher der am 28. Januar 1910 erneut Antrag auf Verlegung des Pfarrhofes von Oberndorf nach Röhrnbach stellte und zugleich einen Finanzierungsplan vorlegte. Dieses Mal wurde der Antrag bewilligt. Nach Genehmigung durch die königliche Regierung in Niederbayern mit Einverständnis des bischöflichen Ordinariats Passau wurde am 04. April 1911 mit dem Neubau begonnen. Der Pfarrhof mit Nebengebäuden für die kleine Landwirtschaft wurde nach Plänen des Baumeisters Max Stadler aus Bärnbach in neubarocken Stil aufgeführt. Dazu musste man am neuen Standort Baugrund erwerben. Am 22. Sept. 1911 wurde der alte Pfarrhof in Oberndorf mit einem Großteil der dazugehörigen Grundstücke verkauft. Schon am 10. Oktober 1911 wird der neue Pfarrhof bezogen. Am 30. Juni 1912 besichtigte Bischof Sigismund Felix den Pfarrhof. Er war mit dem Zug angereist. Die Weiterfahrt nach Waldkirchen erfolgte per Fuhrwerk. Der Bau des neuen Pfarrhofes kostete 35492,42 Mark. Die Ausgaben konnten mit Erlösen aus dem Verkauf des alten Pfarrhofes sowie dem Verkauf von Wiesen- und Waldgrundstücken und dem Erlös aus Holzeinschlag nahezu gedeckt werden. In den zurückliegenden 100 Jahren erfolgten einige Umbauten und Renovierungen. Die Aufgabe der kleinen Ökonomie 1940 machte auch die landwirtschaftlichen Betriebsgebäude überflüssig. 1986 wurde der Pfarrhof gründlich renoviert und der Dachstuhl erneuert. Seit 2006 ist Markus Krell der 30. Pfarrer/Vikar von Röhrnbach und für die Seelsorge in Röhrnbach und Kumreut zuständig, nachdem letztere Pfarrei seit mehreren Jahren keinen eigenen Priester mehr hat.
Quellen:
1) „Der Markt Röhrnbach in Gegenwart und Vergangenheit“,
2) Archiv Bistum Passau (ABP),
3) Pfarrchronik,
4) Historischer Altlas Bayern,
5) Regesten des Passauer Abteilandes
(Foto: Pfarrhof in Röhrnbach 2010, Aufnahme von Joh. Krottenthaler)