Mechanische Turmuhren fanden ab dem 14. Jh. weite Verbreitung. Jahrhunderte waren sie die einzigen Zeitgeber für die Menschen. So dienten sie als Kirchturmuhren sowohl liturgischen Zwecken (Gebetszeiten) als auch zur Einteilung des Arbeitstages. Die ersten mechanischen Uhren wurden von Schmieden gefertigt und waren noch sehr ungenau. Erst die industrielle Fertigung mechanischer Großuhren seit Mitte des 19. Jh. verbesserte die Zeitgenauigkeit. Der Motor der Turmuhr ist das Turmuhrenwerk, das über ein Gestänge die Zeiger auf den Ziffernblättern sowie das Schlagwerk für die akustische Anzeige der Viertel- und vollen Stunden antreibt. Die Energie hierzu kommt von der Schwerkraft von an Seilen hängenden Gewichten.
Wann unsere Pfarrkirche St. Michael mit einer mechanischen Turmuhr ausgestattet wurde, ist nicht bekannt. Erstmals ist in den Bauakten 1) von 1681 ein Antrag des Pfarrers auf Anschaffung einer neuen Uhr mit dem Hinweis auf die marode alte Turmuhr beurkundet. Am 10. Juli 1681 wird von Großuhrmachermeister Riginbart aus Passau eine neue Turmuhr eingebaut. Auf der Planzeichnung 2) von J. Haas von 1720 ist der noch gotische Spitzhelmturm der Pfarrkirche mit einer Turmuhr zu sehen. Wieder eine Baurechnung 1) von 1728 bestätigt, dass der Uhrmacher Mathias Jungwürth aus Petzerreith für Arbeiten an der Turmuhr 40 Kreuzer erhalten hat. Dann, am 22.12.1930, wurde von der Turmuhrenfabrik E. Strobl aus Regensburg dieses hier ausgestellte mechanische Uhrwerk gegen die Rücknahme eines alten eingebaut 3). Zugleich wurden die vier Ziffernblätter, Durchmesser 220 cm, wovon eines aus Eisen und drei aus Holz bestanden, renoviert, und das alles für 2100,- Reichsmark. Mit der Elektrifizierung 4) der Turmuhr 1971 erfolgte auch der Einbau neuer Ziffernblätter aus witterungsbeständigem Polyestermaterial durch die Firma Perner aus Passau für 8210,- DM. Uhrmachermeister Fritz Hofmann, an den sich noch einige erinnern können, hat über Jahrzehnte täglich mit der Kurbel die Turmuhr aufgezogen. 1988 mussten Turmuhr und Ziffernblätter schon wieder für 4382,- DM von der Firma Rauscher aus Regensburg renoviert werden. Mechanische Uhren sind heute wertvolle Kulturgüter. Seit sie von elektrischen und funkgesteuerten Antrieben abgelöst wurden, fristen sie nicht selten ein verstaubtes Dasein in Kirchen- oder Rathaustürmen. So erging es auch diesem Turmuhrenwerk, das seit der Elektrifizierung im Obergeschoss des Kirchturms stand. 2010 nahm sich der Heimatkundliche Arbeitskreis im Kulturverein Röhrnbach e.V., unterstützt von der Freiwilligen Feuerwehr Röhrnbach, der Renovierung an. Der Schrank wurde in originaler Farbe gestrichen, das Uhrwerk gereinigt und poliert, das Kontrollziffernblatt mit einer Batterie versehen, so dass es als Uhr dient. Seile, Gewichte und Gestänge können hier nicht dargestellt werden (siehe vereinfachte Bilddarstellung).
BILDER FOLGEN
Fundstellen: 1) Kirchenbauakten (ABP, Ordinariatsarchiv/Hofkammer), 2) Planzeichnung von Joseph Haas, fb. Hofingeneur,1720, Bayer. HstA München, 3) Kundenkarteiblatt (Archiv des Turmuhrenfabrik Rauscher, Regensburg), 4) Pfarrchronik Röhrnbach
Verfasser: Johann Krottenthaler, Heimatkundlicher Arbeitskreis im Kulturverein Röhrnbach e.V. (Stand: Dezember 2010)